Groß & Partner | 07.06.2021

Corona und Projektentwicklung

Im Gespräch mit Peter Matteo

Der gebürtige Frankfurter ist seit 1994 Geschäftsführender Gesellschafter bei Groß & Partner, ein Jahr wie dieses hat er in seinen 27 Jahren im Unternehmen noch nicht erlebt:

Vor etwa einem Jahr verbreitete sich COVID-19 auch in Deutschland und löste den ersten Lockdown aus – inzwischen lockert sich das Land bereits aus dem zweiten Lockdown. Im Interview spricht Peter Matteo offen über die Auswirkungen der Corona- und Homeoffice-Zeiten auf Groß & Partner und die Branche der Projektentwicklung.

Herr Matteo, Corona hält die Welt seit einem Jahr im Griff. Die deutsche Wirtschaft ist in großen Teilen massiv eingebrochen. Die Baubranche plant etwas langfristiger als viele andere Bereiche der Wirtschaft. Wie haben Sie die bisherigen Corona-Maßnahmen wirtschaftlich verkraftet?

Groß & Partner ist bislang verhältnismäßig gut durch die Corona-Krise gekommen, was uns dankbar stimmt. Allerdings wurden auch wir vor eine Reihe von Herausforderungen gestellt, auf die wir unmittelbar reagieren mussten. Denken Sie nur an die zeitweisen Grenzschließungen im vergangenen Jahr, die zur Folge hatten, dass Lieferketten unterbrochen wurden. Ganz schlimm war es, als das Personal unserer Nachunternehmer aus Nachbarländern und Nicht-EU-Ländern nicht mehr zurück auf die Baustellen gelangen konnte.

Rechnen Sie mit einem verzögerten Corona-Schock?

Für eine Prognose, wie sich die Pandemie langfristig auf das Geschäft auswirken wird, ist es zu früh. Wir befinden uns in einer dynamischen Situation, die uns immer wieder vor neue Aufgaben stellt. Mit unserem hervorragend aufgestellten Team aus Fachleuten in den verschiedenen Unternehmensbereichen bin ich jedoch überzeugt, dass wir die Hürden überwinden und unsere Projekte auch in Zukunft erfolgreich entwickeln können.

Eine der Entwicklungen, die durch Corona massiv beschleunigt wurden, ist das Thema Homeoffice. Wie haben Sie bei Groß & Partner während der Pandemie gearbeitet?

Die Gesundheit und der Schutz unserer Mitarbeiter und Projektpartner hat für uns oberste Priorität. Dementsprechend haben wir bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt vielfältige Maßnahmen getroffen. Dazu zählt auch das Angebot für Homeoffice, dort wo es möglich ist. Zugute kam uns der Umstand, dass wir in den vergangenen Jahren bereits etliche Prozesse und Arbeitsläufe digitalisiert haben.

Selbstverständlich gibt es in einem Unternehmen, wie dem unseren, jedoch auch Bereiche, die eine physische Präsenz vor Ort erforderlich machen. Beispielhaft möchte ich hier die Bauleitung nennen. Die Steuerung zahlreicher Gewerke, die Dokumentation sowie der hohe Koordinationsaufwand können nicht gänzlich von zuhause aus erfolgen. In diesen Fällen haben wir die Situation entzerrt und dezentralisiert. Ein Drittel der Mitarbeiter wurde auf die Baustellenbüros verteilt, ein weiteres Drittel befindet sich im Homeoffice und der Rest befindet sich auf der Baustelle.

Welche Erkenntnisse zieht man bei Groß & Partner aus der Zeit des Arbeitens auf Distanz? Gab es auch Änderungen, die Sie über die Pandemie hinaus beibehalten möchten?

Lassen Sie es mich vorweg sagen: Sowohl vor Ort als auch im Homeoffice – Unser Team hat in den zurückliegenden Monaten großartige Leistungen vollbracht. Gerade einige Abteilungen des Projektmanagements haben zu meiner Freude äußerst effektiv aus dem Homeoffice heraus gearbeitet. Sicherlich werden einige Entwicklungen die Pandemie überdauern. So gehe ich etwa davon aus, dass in den nächsten Jahren wesentlich weniger geflogen bzw. verreist wird und sich mehr über Videokonferenzen bewerkstelligen lässt. Für die gesamte Industrie steckt in der Digitalisierung von geschäftlichen Prozessen ein enormes Produktivitätspotenzial.

Nichtsdestotrotz darf der persönliche Kontakt und Austausch nicht unterschätzt werden. Das Büro oder in unserem Fall das Projekt ist der Ort, an dem kreative und innovative Diskussionen stattfinden. Es gibt zahlreiche Bestrebungen, das remote zu übertragen, doch machen wir uns nichts vor: Es ist einfach nicht dasselbe.

Trotz Trend zum Homeoffice ist bei Ihrem Projekt FOUR bereits ein Großteil der Büroflächen vermietet – und das mehrere Jahre vor der Fertigstellung des Projektes. Zeigt diese Entwicklung, dass Büros weiterhin von großer Bedeutung sind, oder ist das FOUR eine Ausnahme? Woran machen Sie diesen Erfolg fest?

Wir teilen nicht die Auffassung, dass es sich beim Büro um ein Auslaufmodell handelt, das vom Homeoffice abgelöst wird. Büroräume bleiben weiterhin der zentrale Dreh- und Angelpunkt des unternehmerischen Handelns.

Auch wenn sich die Arbeit im Homeoffice gut eingespielt hat, so steht fest, dass wir als soziale Wesen Begegnungsstätten zur Interaktion brauchen. Als Groß & Partner ist es unsere Aufgabe, diese Räume zu schaffen. Dabei haben wir nicht nur das Gebäude vor Augen, sondern nehmen auch die Bedürfnisse der künftigen Nutzer in den Fokus.

Ein gutes Beispiel ist unser Projekt FOUR. Mit FOUR entsteht ein offenes und belebtes Quartier inmitten der Frankfurter Innenstadt. Die vier Türme, die auf einem gemeinsamen Sockelbau mit einem öffentlich zugänglichen Dachgarten errichtet werden, bieten Platz für Büroflächen, Wohnungen, Hotels, Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, sozialer Infrastruktur sowie Freizeit- und Kulturangeboten. Der Dreiklang aus Arbeiten, Wohnen, und Leben formt einen attraktiven Stadtraum – und zwar nicht nur für die Menschen, die in den Gebäuden arbeiten oder wohnen, sondern für alle. Das zukunftsweisende Konzept sehen wir durch die hohe Vorvermietungsquote bestätigt.

Wie sieht eine Baustelle von Groß & Partner im Normalzustand der Pandemie aus? Welche Schutzmaßnahmen werden aktuell auf den Baustellen durchgeführt?

Wir halten uns konsequent an das Merkblatt des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und setzen die Handlungsempfehlung auf unseren Baustellen 1:1 um. Bereits zu Beginn der Pandemie haben wir umfassende Schutz- und Hygienemaßnahmen auf allen Baustellen eingeführt. So haben wir die Anzahl der Pausenräume erhöht, Desinfektionssäulen aufgestellt und Verfahren sowie Schichtpläne entwickelt, Menschenansammlungen zu vermeiden und die Wegeführung zu entzerren. Zudem ist es wichtig, die Unterkünfte unseres Baustellenpersonals entsprechend zu steuern und auf einem qualitativ hochwertigen Niveau bereit zu stellen.

Haben sich Baumaßnahmen oder Projekte durch die Pandemie verzögert?

Es gab in den vergangenen Monaten einige Beeinträchtigungen: Lieferengpässe, steigende Fertigungskosten sowie eingeschränkte Einreisemöglichkeiten für Arbeiter aus dem in- und außereuropäischen Ausland sind an dieser Stelle zu nennen.

Allerdings kommen uns auch einige Auswirkungen der Situation zugute. Aufgrund des reduzierten Verkehrs kann der An- und Abtransport bei den Baustellen schneller als geplant erfolgen. Insgesamt arbeiten wir mit Hochdruck daran unsere Projekte und Baustellen durchgehend am Laufen zu halten. Mein Dank gilt in diesem Zusammenhang auch noch einmal ausdrücklich unserem Team und den ausführenden Firmen vor Ort, die es trotz der schwierigen Umstände bisher geschafft haben, den Betrieb so gut es eben geht aufrechtzuerhalten.