Baustelle | 18.12.2022

Nachhaltige Energie aus der Tiefe

FOUR Frankfurt nutzt Geothermie

Inmitten der Frankfurter Innenstadt realisiert Groß & Partner das spektakuläre Hochhausquartett FOUR Frankfurt. Mit der Quartiersentwicklung entstehen gleich vier Türme in 100 bis 233 Metern Höhe mit einer vielfältigen Nutzungsmischung. Das Grundstück, auf dem die Türme entstehen, ist rund 16.000 Quadratmeter groß. Vergleichbar mit der Größe von rund 2,2 Fußballfeldern ist das keineswegs eine kleine Fläche, doch im Verhältnis zur endgültigen Geschoss- und Nutzungsfläche ein wahres Platzwunder: Im FOUR entstehen rund 115.200 Quadratmeter Büro- sowie 63.700 Quadratmeter Wohnfläche, ca. 20.500 Quadratmeter für Hotels und 12.800 Quadratmeter für Gastronomie, Einzelhandel und sonstige Nutzungsflächen.

Durch diese funktionsvermischte, vertikale Verdichtung in die Höhe, schafft FOUR auf 16.000 Quadratmetern einen gesamten neuen Stadtteil. Insgesamt entspricht das einer Nutzfläche von ca. 213.000 Quadratmetern – über das dreizehnfache der Grundstücksfläche. Um das energetische Potenzial des Areals dennoch vollständig auszuschöpfen, wurde das gesamte Grundstück während der Baugrubenverbaus und der Gründung des Fundaments geothermisch aktiviert.

Die grundlegende Funktion einer Geothermieanlage ist, Wärmequellen aus dem Erdreich anzuzapfen und über geothermische Wärmepumpen in die Gebäudesysteme zu leiten. Dies erfolgt im Falle des FOUR durch die thermische Aktivierung von Bestandteilen des Fundaments – genauer gesagt der Gründungspfähle und der Schlitzwandlamellen. Über 15.000 Meter und damit ein Großteil dieser nach unten und außen gewandten Fundamentteile konnten in sogenannte Energiepfähle umgewandelt und damit thermisch aktiviert werden.

Die längsten dieser Pfähle ragen bis zu 40 Meter tief ins Erdreich. Die Untergrundtemperatur auf dem Grundstück beträgt dort rund 18,5 °C – ein besonderer Vorteil der Lage inmitten Frankfurts. Anderen Ortes müsste weitaus tiefer gegraben werden, um Temperaturen von über 10 °C zu erreichen. Der Boden besteht hier großteilig aus dem sogenannten „Frankfurter Ton“ und den darin liegenden Kalksteinbänken. Er ist von mehreren grundwasserführenden Schichten durchzogen. Die längsten Pfähle dringen bis in die tiefergelegene „Frankfurter Kalke“ vor, die aus kompakten Kalksteinbänken und Kalksanden besteht.

Die thermische Aktivierung wird durch die Einbindung von sogenannten Polyethylen(PE)-Rohren ermöglicht. In diesen Rohren befindet sich ein Wärmeträgermedium – eine Mischung aus Wasser und dem zweiwertigen Alkohol Ethylenglykol, die dem Untergrund konduktiv Wärme und Kälte entziehen kann. Die PE-Rohre wurden mithilfe von Bewehrungskörben in die jeweiligen Bohrlöcher der Pfähle eingebaut. Anschließend erfolgte die Anbindung der Energiepfähle an ihre jeweiligen Unterverteiler, die über Sammelleitungen bis in die Technikzentralen der einzelnen Türme verlängert werden.

Die Energiepfahlsysteme dienen sowohl als Wärme- wie auch als Kältequelle. Über umschaltbare, geothermische Wärmepumpanlagen kann nun im Heizfall Wärme entzogen oder im Kühlfall Wärme zurück in das Erdreich geschoben werden. Eine Entzugs- sowie Einspeiseleistung von jeweils rund 1.700 Megawattstunden kann jährlich abgerufen werden. In den Übergangsjahreszeiten ist die Nutzung der Geothermie besonders effektiv, wenn sowohl Kühl- als auch Heizleistung gefordert sind. Der Boden und die aktivierten Fundamenteile können tagsüber und nachts abwechselnd als Wärme- sowie Kältespeicher genutzt werden.

Insgesamt wurden über 140 Kilometer Geothermieleitungen auf dem gesamten Grundstück eingebracht. So können allein mit dieser Technik über zehn Prozent des Kühl- und Heizbedarfs des gesamten Quartiers abgedeckt werden – und damit ein wesentlicher Bestandteil der beachtlichen Geschossfläche von FOUR. Das geothermische Potenzial des verhältnismäßig kleinen Grundstücks wird maximal ausgenutzt und trägt zu einer energieeffizienten und zukunftsfähigen Quartiersentwicklung bei.